Ein Sonntag, herrliches Frühlingswetter, Vogelgezwitscher und bunt leuchtende Blumen die mich förmlich anschreien: „Komm in die Natur, genieße die wärmende Sonnenstrahlen, sauge unseren Duft ein
und beobachte wie die Natur erwacht“. Gut, ok ihr habt ja eh recht ihr Blumen! Und da gibt es ja noch unsere zwei Knirpse: Max ist fünf und Lily sieben. Und die wollen auch raus!
Meine Frau ist irgendwo in Deutschland unterwegs, ich glaube in Köln. Also bin ich Strohwitwer, schon seit mehreren Tagen und nicht das erste Mal. Selbst ist also der Mann und
Vater.
1. und 2. Tip: nicht zu weit gehen und schau auf das wetter
Also was tun mit den Kindern, denen die Flöhe irgendwie in den Po eingepflanzt wurden. Ach ja, da gibt es doch so ein Waldstück, das ich aus meiner Kindheit kenne. Das ist in der Nähe aber doch
weit genug von daheim weg, dass die Kids am Abend dann müde und hoffentlich zufrieden ins Bett fallen und sich dann fein gähnend ins Land der Träume verabschieden.
3. Tip: Gib eurem "ausflug" ein spannendes thema
Ok, dachte ich mir, das tun wir. Schön habe ich die Geschichte von unserem „Ausflug“ aufbereitet. „Wir gehen in einen Zauberwald, da ward ihr noch nie“ sagte ich um Spannung zu erzeugen. „Dort
war ich schon als Kind und habe bis heute niiiieeeeeeemandem davon erzählt. Ihr seid die Ersten. Dort gibt es Dinge, die habt ihr noch nie gesehen. Soll ich euch davon erzählen“?
Es funktionierte! Die Kinds saßen beide vor mir, der Mund war so halb geöffnet und sie hörten mir gespannt zu. „Weiterreden“ dachte ich mir, „sie sabbern noch nicht“! An Max gerichtet sagte ich: „in dem Wald gibt es auch Fallen für Tiere, die können wir uns anschauen und vielleicht ist da sogar ein gefährliches Tier drin“. Maxis Mund ging ein wenig weiter auf, Sabber sah ich noch nicht. Zu Lily sagte ich: „und, wie gesagt, das ist ein Zauberwald. Dort gibt es manchmal Elfen oder Feen oder wie heißen die kleinen Dinger mit Flügeln“? „Feen, Daddy“ meinten beide fast einstimmig.
4. nimm ersatzkleidung mit
„Verheeeext“ schrie dann Lily! Das ist das neueste aus der Schule, wenn zwei das Gleiche sagen, schreien beide im Chor: „Verhext“! Ok, mit diesem „verhext„ war das mystische an meinen Erzählungen weggehext. Aber es hatte gereicht: Sie wollte in den Zauberwald. Und zwar sofort und auf der Stelle. Na dann mal los. Gummistiefel anziehen, Jacken in den Rucksack und eine zweite Hose zur Sicherheit. Ich wusste, es wird sumpfig werden.
5. und 6. Tip: bleibe im flow und lass die Kids machen
Dann waren wir schon unterwegs. Ich hatte ein Ziel vor Augen, es war der Zauberwald. Die Kids waren im Flow. Der erste Stopp war ein Schneckenhäuschen, das unschuldig, ohne Schnecke herumlag und
Maxi geradezu anschrie: „Nimm mich auf und untersuche mich. Und zwar seeeehhhr gründlich“. Ich dachte mir: „Warum muss diese Schnecke ihr Haus genau vor meinem Haus ablegen“?
Am Ende der Einfahrt nämlich lag es, Maxis erstes Ding der Begierde. Na weit sind wir ja noch nicht gekommen, so 15 Meter. „Egal“, dachte ich mir und brachte mich auch irgendwie in den Flow. Fast hatte ich es geschafft, als Lily rief: „wo seid ihr denn ihr lahmen Schnecken“. „Gut“, dachte ich mir, „passend zu Maxis Schneckenunterkunft“!
Ich konnte Max dazu überreden, sein Schneckendingsbums einzustecken und später zu untersuchen. „Es nur nicht vergessen“, war mein Gedanke, bevor die Jacke in die Waschmaschine wandert. „Vielleicht ist ja doch noch eine Schnecke drin“.
7. Tip: Erzeuge spannung und nutze die phantasie deines innern kindes
Wir überquerten wackelige Brücken unter denen wohl Trolle hausen, rannten über eine Wiese um Verfolger abzuschütteln, duckten uns hinter Büschen wenn ein Auto vorbei fuhr und stapften durch
Kinder einsaugende Sümpfe um dann endlich wohlbehalten am Eingang des Zauberwaldes anzukommen. Und da war er, der Wächter des Waldes. Weiß leuchtend hing er da am Baum auf einem Ast und
überwachte mit seinem hämischen Grinsen den Eingang in den mystischen Wald: ein Schädel, vermutlich von einem Schaf, fein säuberlich aufgesteckt in Kopfhöhe.
An dem müssen wir also vorbei, am Wächter des Waldes. Nur wie, fragten wir uns alle, vor allem aber die Kinder. Max starrte ganz ehrfürchtig nach oben, direkt in die riesigen Augenhöhlen des Schaftskopf-Schädels. Lily nahm meine Hand und auch sie war ganz leise und voller Respekt vor dem Kopf, der da so auf dem Ast rum hing.
8. lass die kinder fragen stellen und beantworte sie ehrlich
Max brach das Schweigen: „ist der tot“? Fragte er mit leiser Stimme. „Ja Max, der ist ganz sicher tot“. „Und wie bewacht er dann den Zauberwald?“ „Der macht das mit seinen Kräften.“ „Aha, und wie
ist er gestorben?“ „Das war sicher ein Tierjäger“ meinte Lily. „Oder ein Menschenjäger der nicht gesehen hat, dass das ein Schaf ist“ meinte Max. Ok dachte ich mir, auch meine Kids haben
bereits erkannt, das es Menschen gibt, die sich verhalten wie Schafe.
Ich fragte die Kinder, ob ich ihn herunterholen soll und bevor sie antworten konnten hatte ich ihn schon vom Baum gefischt, den Schafskopf. „Achtung Daddy, sei vorsichtig, die Kräfte.“ „Ist OK, alles gut. Ich bin euer Vater! Passt alles.“ Gemeinsam begutachteten wir den Schädel und die Kids fragten mich über alle möglichen Löcher, Gänge, Höhlen die ein Schädel so hat, aus. Vieles konnte ich beantworten, manches nicht.
9. lass die kids neue, vielleicht auch mal unangenehme erfahrungen machen
Dann fragte Max, was denn das Braune da drinnen in dem Schädel ist? Ich sah nach, konnte es aber auch nicht sagen. Wie schon so oft könnte da der Geruchsbestimmungs-Test helfen. Also Nase an das
Loch und tief einatmen. Oh mein Gott, es war furchtbar. Der süßliche Duft von einem verwesenden Rest eines Schafsgehirns strömte tief in mein Innerstes.
Ich musste würgen. „Was ist los Daddy“ fragte Lily, „du hast ja ganz rote Augen“ Ich sagte mit erstickter Stimme: „da drinnen riecht es streng“. Lily: „Darf ich auch mal riechen?“ „Na gut“ meinte ich, „aber vorsichtig.“ Beide rochen daran und... schwupdiwup hatte wir alle drei rote Augen und würgen um die Wette.
10. hab auch selber spass und lacht gemeinsam
Als wir uns gegenseitig in unsere blutunterlaufenen Augen blickten, konnten wir uns vor Lachen kaum noch halten. Würgend lachen - auch für mich eine neue Erfahrung.
Als es schon wieder besser ging fragte Max, was das ist, was da so stinkt. Ich antwortete: „es ist wohl ein Teil des Gehirns.“ „Stinkt mein Gehirn auch so?“ fragte er. „Nein, weil Deines ja lebt und arbeitet.“ Max: „also wenn es arbeitet, dann stinkt es nicht!“ „Fast richtig Max, es geht darum, dass es in einem lebenden Körper sein muss. Es gibt genug lebende Gehirne die nicht arbeiten und wahrscheinlich trotzdem nicht stinken.“ Es folgte eine kurze Denkpause der Beiden.
11. nimm eine stärkung und vor allem wasser mit
„Kann man das Gehirn essen?“ fragte Max. „NEIN! Geht’s dir gut?“ Max meinte: „ich dachte nur, wenn man Gehirn isst, wird man schlau.“ Ich: „aber doch nicht das vom Schaf“.
Jetzt war es Zeit los zu stapfen, durch den Wald auf eine Lichtung und runter zum Schwarzsee. Dort suchten wir uns ein gemütliches Plätzchen und stellten fest: Milchschnitte geht immer, obwohl
Max ja eher auf Gemüse steht.
12. tip: zeige den kindern die besonderheiten der natur
Auf dem Heimweg analysierten wir noch die Fuß- und Kotspuren von Reh, Hase, seltenen Stachelleoparden und Dinos! Nach 4 abenteuerlichen Stunden waren wir wieder zuhause. Voller Eindrücke und
sicher etwas schlauer. Auch ohne Gehirn gegessen zu haben.
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