"Jungen und ihr Selbstwertgefühl in der Pubertät"
Wenn ich Jungs in meiner Coaching-Praxis habe, ist es sehr häufig ihr mangelndes Selbstwertgefühl, dass ihnen zu schaffen macht. Vor allem, wenn die Jungen 11, 12 oder älter sind. Vieles passt dann nicht in ihrem Leben, Dinge laufen wenig rund.
Überlege mal. Wie schätzt du das Selbstwertgefühl deines Sohnes ein: Findet er sich im Großen und Ganzen okay, ist er zufrieden oder hadert er mit vielem was ihn betrifft? Ist er selbstbewusst, oder eher schüchtern? Was für Auswirkungen hat das auf seine Persönlichkeit, sein Verhalten und sein soziales Umfeld? Wie kann man das Selbstwertgefühl bei Jungen stärken?
VIEL MEHR TIPPS?
Trage dich hier zu deinem BoysUp Newsletter ein. Du bekommst regelmäßig Tipps von Anton Wieser,
dem Experten für Jungen Coaching.
Zusätzlich schenken wir dir wertvolle Downloads für "Starke Jungs".
Wie war's bei dir?
Fast immer hilft es, wenn du erst Mal über deine eigene Pubertät nachdenkst, denn oft vergessen wir, wie es uns selbst erging in dieser Lebensphase. Zum einen ist es schon eine Weile her, zum anderen war diese Zeit für viele Heranwachsende mit unangenehmen Gefühlen wie Scham, Unsicherheit, Minderwertigkeitsgefühlen und/ oder Stimmungsschwankungen verbunden, so dass man sie lieber verdrängt hat.
Doch nochmal in diese pubertäre Gefühlswelt einzutauchen, kann sehr helfen, die Söhne, ihre Gefühle und ihr Verhalten besser zu verstehen. Und darum geht es häufig. Dann kannst du besser und gezielter unterstützen und ihr erlebt diese Zeit gemeinsam und nicht gegen- oder nebeneinander. Was hättest du dir damals von deinen Eltern gewünscht? Was hat dich verletzt? Was tat dir gut?
Und? Glaubst du, dein Sohn könnte ähnliche Bedürfnisse haben?
Körperliche Veränderungen und Selbstwertgefühl
Es fühlt sich seltsam an wenn der Körper sich verändert: Auf einmal sind Hände und Füsse im Verhältnis zum restlichen Körper zu groß, die Beine zu lang oder zu kurz, Haare wachsen an verschiedensten Körperstellen, Pickel sprießen (eventuell), Haare fetten schneller und der Körpergeruch verändert sich. Ziemlich viel Veränderung - das kann ganz schön verunsichern.
Die Jungs beginnen sich mit anderen zu vergleichen, finden sich zu dünn, zu dick, zu groß oder zu klein - eine Hinterfragung und Bewertung des eigenen Ichs fängt an. Sie wollen wissen: Wie möchte ich als Mann sein und wie bin ich?
Weißt du, wie es deinem Sohn geht?
Sprich auf Augenhöhe mit deinem Filius...,
frag ihn, wie er sich fühlt. Hat er Minderwertigkeitsgefühle wegen der körperlichen Veränderungen oder ist er ganz zufrieden? Hat er Idole denen er nacheifert, Freunde die er beispielsweise um ihre Muskeln beneidet? Erzähle ihm von deinen eigenen Erfahrungen und dass es normal ist, in dieser Lebensphase verunsichert zu sein.
Gib ihm Tipps zu seiner Körperhygiene...
...ohne dass es für ihn peinlich ist! Statt: "Boah, Du müffelst, geh' mal wieder duschen!", kannst Du ihm zum Beispiel anbieten, dass ihr zusammen einkaufen geht: "Hey mein Sohn, wie wäre es mit einer Shoppingtour für Männer?" Ein Deo mit dem Duft seiner Wahl, einen Rasierer, ein "männlich" duftendes Duschgel - so fühlt sich dein Junge verstanden, unterstützt und in seinem Mannwerden wahrgenommen.
Erwachsen werden heißt auch die Kindheit loszulassen
Und das verursacht zwiespältige Gefühle. Einerseits die Freude auf das eigene Erwachsenwerden mit allem was daran so verlockend scheint (erste Freundin, Führerschein, Unabhängigkeit...), andererseits tut aber auch der Abschied vom Kind-Sein manchmal weh. Es ist ein Abschied in eine andere Welt.
Tschüss Kinderzimmer
Auch hier kannst du unterstützend einwirken. Biete ihm zum Beispiel an, gemeinsam sein Zimmer neu zu gestalten, die Kuscheltiere erst mal zwischenzulagern, damit sie nicht ganz weg sind, aber zumindest nicht mehr offensichtlich im Zimmer herumliegen, was unter seinen Freunden als ziemlich "uncool" gelten könnte. Vielleicht ist er aber auch noch nicht so weit, du wirst es mit Feingefühl herausfinden. Oder du könntest die "Benjamin-Blümchen-Bettwäsche" gegen was "Cooles" austauschen und last but not least ganz wichtig:
Lass ihm bitte seinen Zimmerschlüssel. Gib deinem Jungen Rückzugsmöglichkeiten und lass ihn das Zimmer abschließen. Er entdeckt sich gerade neu und seine Sexualität erwacht. Er braucht einen Rückzugsort, einen Raum, in dem er nur für sich sein kann.
Wer bin ich und wie komme ich bei anderen an?
Das Selbstwertgefühl des Menschen entwickelt sich aus der Erfahrung von Kompetenz und Akzeptanz: Was kann ich, wer bin ich und wie wirkt das auf andere? Mit ca.12 Jahren beginnt sich für deinen Sohn so vieles zu verändern, dass er sich diese Fragen in dem Moment gar nicht beantworten kann. Sätze wie: "Ich bin Stolz auf dich, mein Sohn," oder "du machst das schon, du kannst das", wirken Wunder.
Danach dürstet jedes Kind. Vor allem bei Jungen ist es wichtig, dass er das auch vom Vater mal hört. Wieder: denk zurück, wie oft hast du das von deinem Vater gehört? Und... wie oft hast du dich nach so einer verbalen Zuwendung gesehnt?
Gleichzeitig entwickelt sich die Kritikfähigkeit und die Fähigkeit der Selbstreflexion. Die Jungs fangen an, Dinge kritisch zu hinterfragen und über sich, ihren Körper, ihre Gefühle und ihr Verhalten verstärkt nachzudenken. Kommen sie dann zu dem Schluss, dass Kompetenz und Akzeptanz nicht ihren Idealvorstellungen entsprechen, so kann das eine Selbstwertkrise auslösen.
"Ich bin anders", "etwas stimmt nicht mit mir", "die anderen finden mich doof", "ich kann nix", sind nur einige der Gedanken, die sich beim Jugendlichen entwickeln können. Diese inneren kritischen Stimmen gilt es herauszufinden und gegebenenfalls gegenzusteuern, damit sie nicht zu dauerhaften Glaubenssätzen werden.
„Mein Sohn ist gar nicht mehr so sehr an meiner Meinung interessiert".
Die Akzeptanz durch Gleichaltrige spielt in der Reifezeit eine sehr große Rolle: Die Jungs wollen dazugehören, beliebt und respektiert sein. Nun verschiebt sich das Sozialgefüge, indem sich die Heranwachsenden mehr nach außen orientieren, Freunde spielen in der Akzeptanz eine größere Rolle, als die Familie.
Es ist für viele Jungen wichtiger, was Kumpels und Mitschüler oder Sportkameraden denken, als die Familie. Wenn die Jungen dann aber Zuhause auf keine Akzeptanz und kein Verständnis treffen, leidet das Selbstwertgefühl besonders.
Psychische Veränderungen und Selbstwertgefühl
Die Pubertät ist aufgrund der hormonellen Umstellung und der Umstrukturierung des Gehirns eine Phase des psychischen Auf und Ab. Eben noch himmelhochjauchzend, nun zu Tode betrübt.
Das Selbstbild des Jugendlichen ist noch nicht gefestigt und jede kritische Äußerung zur eigenen Person stellt das neu erworbene, aber noch nicht gefestigte Selbstbild und Selbstbewusstsein in Frage.
Eben war die Welt noch in Ordnung, nun tobt dein Sohn, ist aggressiv und impulsiv. Jetzt heißt es Nerven bewahren und Verständnis zeigen. Allerdings nicht über deine eigenen Kräfte hinaus, auch Grenzen setzen gehört zur gesunden Entwicklung dazu!
Was kannst du noch tun?
Da sein und immer wieder Gesprächsangebote machen.
Schlägt dein Sohn sie aus, so nimm es nicht persönlich, vielleicht ist es nicht der richtige Zeitpunkt und er kommt ein anderes Mal auf dich zu. Biete deinem Kind einen verlässlichen Rahmen, es muss spüren, dass es um seiner selbst willen geliebt wird, egal wie die Umstände sind. Das kann für dich als Elternteil eine große Herausforderung sein, denn pubertierende Jugendliche können einen an die eigenen Grenzen bringen.
Stecke deinem Pubertier Leitplanken
Vor allem Jungs helfen Grenzen, sich im Leben zu orientieren. Hilf ihm beispielsweise (wenn nötig) Dinge zu strukturieren (z.B. Hausaufgaben.) Er kann es vielleicht momentan gar nicht aufgrund der Umbauarbeiten im Gehirn. Diese Entwicklungsjahre sind keine Phase, in der Eltern machtlos den Gemütszuständen ihrer Kinder ausgeliefert sind, sondern sie haben viele Möglichkeiten, ihre Kinder unterstützend und wertschätzend zu begleiten.
Es wird viel auf das geschaut, was gerade nicht oder nicht gut genug funktioniert. Doch dein Kind hat auch seine Stärken! Versuche sie zu erkennen und erzähl deinem Jungen davon, es wird sein Selbstwertgefühl stärken!
Steh ihm zur Seite, hab Vertrauen in ihn
und teilt diese spannende Lebensphase miteinander. Wenn du deinem Junior zu einem gesunden Selbstwertgefühl verhilfst, machst du ihm ein Geschenk, von welchem er sein Leben lang profitieren wird.
Der amerikanische Schönheitschirurg Maxwell Maltz, der Studien zum Selbstwertgefühl machte, sagte einst:
"Ein geringes Selbstwertgefühl ist wie eine Fahrt durch das Leben mit gezogener Handbremse."
Und das wollen wir doch auf keinen Fall. Unsere Kinder haben das Recht auf freie Fahrt mit gesundem Selbstwertgefühl!
VIEL MEHR TIPPS?
Trage dich hier zu deinem BoysUp Newsletter ein. Du bekommst regelmäßig Tipps von Anton Wieser,
dem Experten für Jungen Coaching.
Zusätzlich schenken wir dir wertvolle Downloads für "Starke Jungs".
KOMMENTARE
Wie war das bei Dir, wie war Deine Pubertät? Wie erlebst Du Deinen Sohn?:
Hast Du Tipps? Bitte unterstütze andere Eltern mit deinen Tipps und Erfahrungen.
Oder Du hast eine Frage? Gerne wird das Männers-Team Deine Frage beantworten.
Kommentar schreiben
Frank (mein Sohn ist 13) (Donnerstag, 13 Dezember 2018 11:27)
Vielen Dank für diesen Artikel. Ich verstehe meinen Sohn manchmal überhaupt nicht. Es hilft mir tatsächlich darüber nachzudenken, was bräuchte ich in seinem Alter. ��
Ben (mein Sohn ist 14) (Freitag, 14 Dezember 2018 00:33)
Herzlichen Dank für Deinen sehr guten Artikel. Genau dieser Artikel habe ich gebraucht um mich daran zu erinnern und zu spüren was in dieser Zeitphase passiert in einem Jungen.
Aus meiner eigenen Geschichte weiß ich sehr genau wie wichtig diese Fürsorge ist.
Ich habe mir damals vieles davon gewünscht. Nun darf ich es geben ;)
Schön!
Herzlichen Gruss
Anton - Männers - Camps & Coaching für Vater&Sohn (Freitag, 14 Dezember 2018 08:42)
@Frank und @Ben
Hallo Frank, hallo Ben, vielen herzlichen Dank für euer Feedback. Den eigenen Sohn zu verstehen, kann einer der Schlüssel zu einer harmonischen und stärkenden Vater&Sohn Beziehung sein. Und oft hilft es, einfach zurück zu denken und sich, als nun erwachsener Mann und Vater, bewusst zu machen: was hätte ich mir damals ein wenig mehr gewünscht. Danke euch, Anton